Die Abenteuer des Baron von Krähenschreck - Philip Pullman



Die Abenteuer des Baron von Krähenschreck - Philip Pullman

Produktinfos:
Erscheinungsjahr: 2007
ISBN: 978-3-551-55414-7
Verlag: Carlsen
Seiten: 209

Der Autor:

Philip Pullman, geboren 1946 in Großbritannien, reiste in seiner Kindheit durch Simbabwe, Australien, London und Wales, studierte später Anglistik in Oxford und arbeitete als Lehrer. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm mit seiner Trilogie "His Dark Materials" (Der Goldene Kompass, Das Magische Messer, Das Bernsteinteleskop), einer Jugend-Fantasyreihe. Daneben verfasst er auch Kinder- und Bilderbücher und doziert nebenbei am Westminster College.

Inhalt:

Die Vogelscheuche Baron von Krähenschreck steht auf einem Feld im Frühlingstal. Mitten in einer Gewitternacht fährt ein Blitz in sie hinein und erweckt den Baron zum Leben. Die Vogelscheuche ist entzückt von ihren neuen Möglichkeiten, braucht aber zunächst ein zweites Bein, um laufen zu können. Dabei hilft ihr der Waisenjunge Jack, der zufällig vorbeikommt und sich als Diener anbietet.

Danach ist Baron von Krähenschreck voller Tatendrang. Sein Ziel ist, zu Ruhm und Reichtum zu gelangen und anschließend das Frühlingstal, das er als sein Reich betrachtet, wieder aufzubauen. Jack ahnt zwar, dass sein neuer Herr nicht besonders clever ist, steht ihm aber treu zur Seite. Auf ihren Abenteuern geraten die zwei unter anderem an eine Räuberbande, werden Bühnenschauspieler, ziehen in den Krieg und stranden auf einer Insel.

Sie wissen jedoch nicht, dass sie von Anfang an verfolgt werden. Der Clan der kriminellen Buffalonis, die in der Gegend herrschen, hat sich an ihre Fersen geheftet, denn die Vogelscheuche bedeutet aus noch unerklärlichen Gründen eine Bedrohung für sie ...


Bewertung:

Nicht erst durch die Bernstein-Trilogie, die auch als Kinofilm Furore machte, hat Philip Pullman bewiesen, dass er ein äußerst phantasievoller Autor ist. Sein Roman um den sagenhaften Baron von Krähenstück ist ein kindgerecht aufbereiteter Schelmenroman, der Anklänge an Don Quichotte und "Der Zauberer von Oz" zu einem lustigen Kabinettstück vereint.

Gelungene Protagonisten

Eigentlich ist die Vogelscheuche alias Baron von Krähenschreck alles andere als ein Sympathieträger. Der Baron ist sehr von sich überzeugt, reißt stets das Ruder an sich, ist eitel, neigt zu melodramatischen Anwandlungen und lässt sich nur sehr ungern eines Besseren belehren. Jack hat seine liebe Not mit dem temperamentvollen Baron, der kaum zu bremsen ist und ein ums andere Mal geradewegs in sein Verderben läuft. So übersteigert, wie er dargestellt wird, kann man aber kaum anders, als ihn auf seine verquere Art liebzugewinnen, als verrückte Parodie, die sich mit seinen zahlreichen Schwächen dennoch ins Herz schließen lässt.

Der Waisenjunge Jack ist vordergründig weitaus unspektakulärer. Da er heimatlos umherzieht, ist er gerne bereit, sich mit der Vogelscheuche auf den Weg zu machen, auch wenn ihn, wie der Baron gleich klarstellt, kein Reichtum, sondern nur Ruhm erwarten wird. Eigentlich ist Jack sein "Diener", der ihm helfen soll, wenn ihm mal einzelne Gegenstände aus seinem Körper den Dienst versagen und etwa ein neuer Arm gesucht wird. Tatsächlich aber merkt Jack schon recht bald, dass der Baron längst nicht so clever ist, wie er von sich selbst glaubt - und Jack rettet ihn ein ums andere Mal aus brenzligen Situationen. Das Witzige daran ist, dass er dabei so geschickt vorgeht, dass der Vogelscheuche meist nicht wirklich bewusst ist, dass nicht er, sondern der kleine Jack der Held der Lage ist und daher weiterhin voll auf seine vermeintlichen Stärken vertraut.

Daneben gibt es noch einige lustige Nebenfiguren, etwa den listigen Opa Krähe, der am Ende bei einem Gerichtsurteil als Anwalt fungiert und Jack und der Vogelscheuche sehr behilflich ist, eine Reihe verplanter Soldaten und Offiziere, die sich im Krieg ordentlich blamieren und natürlich die schmierigen Buffalonis, die stets bemüht sind, allesund jeden zu bestechen und allgemein gefürchtet sind.

Spannung und Humor

Aus fast jedem Satz spricht der äußerst gelungene Humor der Geschichte und die absurden Abenteuer der beiden sind für Kinder genauso amüsant wie für Erwachsene. Da ist bespielsweise der Bauernhof, auf dem Jack und der Baron Rast machen, auf dem sich die Vogelscheuche aus der Ferne in eine entzückende Harke verliebt. Noch bevor er ein Wort mit ihr gesprochen hat, schwärmt er Jack von der geplanten Hochzeit vor und übt sich im Minnegesang - allerdings endet dieses Kapitel zunächst in einem tränenreichen Drama, denn Fräulein Harke ist bereits mit einem Besen verlobt ... Ein anderes Mal opfert der Baron seinen sorgsam gehüteten Notgroschen ausgerechnet für eine dubiose Wahrsagerin die den Ahnungslosen zum Narren hält und bei einem Zwischenfall verliert die Vogelscheuche ihr Gehirn in Form einer Erbse, was sie zunächst sehr verärgert, doch bald stellt sie fest, dass es auch ohne keinen großen Unterschied macht.

Dabei ist die Handlung gleichzeitig dramatisch und spannend. Mehrfach stehen die beiden vor dem Problem, dass Jack nichts zu essen hat, sie geraten an eine Räuberbande, die Jack mit einer List austricksen muss und vor allem müssen sie sich gegen die mafiöse Familie Buffaloni wehren, die ganz bestimmte Gründe hat, die Vogelscheuche auszuschalten. Die Geschichte ist wendungsreich und frei von Längen, der Ausgang ist ideal und nicht zu vorhersehbar.

Kaum Schwächen

Insgesamt ist das Buch für seine turbulente Handlung noch etwas zu knapp geraten. Öfter wünscht man sich, dass sich nicht sofort das nächste Abenteuer an das vorherige reiht, sondern alles ein bisschen langsamer angegangen wird. Vor allem das Ende ist zwar inhaltlich sehr schön, aber doch sehr überstürzt, ein paar zusätzliche Seiten hätten dem Werk noch besser getan. Der Umfang samt der großen Schrift scheint an Kinder im Grundschulalter gerichtete zu sein, für die das Buch inhaltlich aber teilweise ein bisschen zu hintergründig ist. Ein kleiner Fehler hat sich zudem eingeschlichen, als einmal davon die Rede ist, dass sie Harke mit einem Besen verlobt ist und später dann mal stattdessen ein Rechen geschrieben wird.

Fazit:

Ein sehr vergnügliches Kinderbuch, das sich genauso schön für Erwachsene liest. Die Handlung ist sehr witzig und dabei auch spannend, der Hauptcharakter ist prima gelungen. Schade ist nur, dass das Buch etwas kurz ist.

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